Nur wenige Jazzmusiker haben sich an das Baritonsaxophon als Soloinstrument gewagt. Zu ihnen gehört Pepper Adams. Und Adams zählt zweifellos zu den besten Solisten, die der Jazz hervorgebracht hat.
Wenn Pepper Adams das Bariton-Saxophon spielte, war nichts mehr von der Mühe zu spüren, die es kostete, dieses Instrument zu beherrschen. „Wir nannten ihn das Messer“, hat der Bandleader Mel Lewis einmal über Pepper Adams gesagt, „denn sein Ton schnitt regelrecht in uns hinein. Und wenn er mit dem Spielen fertig war, hatte er uns alle auf unsere wahre Größe zurecht gestutzt.“
Adams bildete klanglich einen deutlichen Gegenpol zu seinem berühmteren Bariton-Kollegen Gerry Mulligan, dessen Ton immer auf eine dunstige aber vibratoarme Weise rein und oft fast klassisch konzertant wirkte. Völlig zu Unrecht stand Pepper Adams Zeit seines Lebens unter dem Schatten des etwa drei Jahre älteren Mulligan, der die ästhetischen Vorstellungen weißer Jazzfans aus dem Mittelstand besser traf.
Dachbodenfund des Jahres: „Live Dates“ von Wishbone Ash
So manch alte Vinyl-Scheibe staubt noch auf Dachböden oder in den Regalen einer Abstellkammer vor sich hin, während der Zahn der Zeit längst unerbittlich an den musikalischen Vorlieben ihres einstigen Käufers genagt und sie dem Vergessen preisgegeben hat. Doch manchmal mag er sich wage an den Sound seiner Jugend erinnern, um schließlich, neugierig geworden auf das Alte, die Suche aufzunehmen. Und siehe da: Welche geniale Wiederentdeckung.
Meine jüngste Wiederentdeckung (und CD-Nachbestellung) war das Album „Live Dates“ der englischen Rockband „Wishbone Ash“. 1969 von Martin Turner und seinem Bruder Glen gegründet, hatte die Band schon einige recht erfolgreiche Studio-LPs auf den Markt gebracht, als sie 1973 mit einem – zu dieser Zeit für viele Gruppen obligatorischen ¬– Live-Album an den Start ging. Glen Turner war inzwischen schon nicht mehr dabei, gekommen waren Andy Powell und Ted Turner an den Lead-Gitarren – letzterer übrigens nicht verwandt mit Bassist Martin. Eigentlich hatte die Band einen Keyborder gesucht, sich dann aber nicht zwischen den Gitarren-Männern Ted und Andy entscheiden können, was sich schon bald als Glück erwies: Denn insbesondere das Zusammenspiel der beiden Lead-Gitarristen als Frontmen-Truppe hat den Sound von Wishbone Ash so unverwechselbar gemacht. Dabei ließ die Band gerade während ihrer Live-Auftritte so richtig die musikalische Sau raus, und daher gehört „Live Dates“ zum Besten, was Wishbone Ash im Laufe der Jahre produziert hat. Ein Muss für alle, die zu den Freunden des sogenannten Art-Rocks der 1970er Jahre gehören.
Der Atheismus-Irrtum
Philosophische Ouvertüre des Turbokapitalismus
Gäbe es keine Religion mehr, so wären die wesentlichen Probleme der Menschheit gelöst, suggerieren Neoatheisten wie Richard Dawkins, Christopher Hitchens oder der Vorstandssprecher der Giordano Bruno Stiftung, Michael Schmidt-Salomon. Religionskritik ist hip. Zu denen, die sich eine bessere „Welt ohne Gott“ ausmalen, gehört auch die Schriftstellerin Karen Duve, die vor einiger Zeit in einem gleichnamigen Spiegelessay ihr neoatheistisches Bekenntnis ablegte: Über allem neukirchlichen Ringelpiez wie Familienfreizeiten und Motorradgottesdiensten, so Duve „dürfe man nicht vergessen, dass die Kirche über Jahrhunderte hinweg auf barbarische Weise Frauen unterdrückt, Minderheiten verfolgt und die Forschung behindert“ habe. Allein die intellektuelle Redlichkeit verböte es, einer Weltanschauung anzugehören, die sich die Welt gar nicht richtig anschaue, meint Karen Duve.
Wohin jetzt mit dem Lutherkeks
Früher, als ich noch in der Stadt lebte, bin ich manchmal in die evangelische Kirche um die Ecke gegangen. So geschah es auch an jenem Herbstsonntag im Oktober 2013. Als ich die Kirche betrat, merkte ich indes gleich, das irgend etwas anders war als sonst. Vor dem Regal mit den Gesangbüchern war beispielsweise ein Tisch aufgebaut, der den Griff zu den Büchern per se verhinderte. Stattdessen bekam ich von einer freundlich lächelnden Gemeindehelfern hinter dem Tisch ein kleines Heftchen in die Hand gedrückt. Außerdem bat man mich, doch in den ersten Bankreihen Platz zu nehmen, damit alle näher zusammen seien. Ich tat wie mir geheißen und schaute auf das Heftchen: „Jugendgottesdienst“ stand da in fetten Lettern. Au weia. Mir schwante Schlimmes. Aber um unauffällig das Weite zu suchen, war es jetzt schon zu spät. Da musste ich also durch.
Der Sheppy, das Humpeln und das Liposarkom
Über mich selbst zu schreiben, fällt mir nicht leicht. Ich habe immer die Schreiber bewundert, die aus ihren Gefühlen Kunst machen können. Meine eigenen Versuche in dieser Richtung fand ich eher peinlich – und ließ die Finger davon.
Wahrscheinlich habe ich deswegen hier noch nicht über Sheppies Erkrankung vor jetzt etwa eineinhalb Jahren berichtet. Abschiednehmen stand im Raum. “Die Besten sterben früh”, hatte die Tierärztin gesagt. Das kam mir zu nah, darüber konnte ich nichts schreiben.
„Sicheres Herkunftsland“
Arben H.* aus Kosovo ist stinksauer. Die südserbische Provinz Kosovo – die sich im Jahr 2008 für unabhängig erklärte – gilt neben Albanien und Montenegro jetzt als sicheres Herkunftsland. So wurde es im Rahmen der neuen Asylgesetze Ende Oktober vom Bundestag beschlossen. Alle Asylanträge von Flüchtlingen aus dieser Region sollen im Eilverfahren in Erstaufnahmeeinrichtungen abgefertigt und die Betroffenen dann so schnell wie möglich zurück geschickt werden.
„Werden wir jetzt alle in Handschellen abgeführt wie Verbrecher?“
„Werden wir jetzt alle in Handschellen abgeführt wie Verbrecher?“, fragt Arben in perfektem Deutsch. Er befürchtet, jetzt in so ein Erstaufnahmelager verfrachtet zu werden. Das wird in seinem Fall erst einmal nicht passieren: Der Mann aus dem Kosovo ist bereits seit ungefähr einem Jahr wieder in Deutschland und hat einen Antrag bei der Härtefallkommission des Niedersachsen Landstags gestellt. Dort werden seine Integrationsleistungen und seine familiäre Verwurzelung in Deutschland geprüft. Kommt die Kommission zu einem positiven Ergebnis, kann Arben aller Voraussicht nach in Deutschland bleiben. Er hat Glück, dass sein Antrag überhaupt noch begutachtet wird. Allen Kosovo-Flüchtlingen, die seit Oktober nach Deutschland kommen, soll dieses Chance von vornherein verwehrt bleiben.
Arben will weg von den Sozialleistungen und gleichzeitig seine Aussicht auf ein Bleiberecht verbessern. Deshalb sucht er seit Monaten verzweifelt nach einer Arbeit. Inzwischen hat er hat auch schon Firmen gefunden, die ihn einstellen wollten. Eine Arbeitserlaubnis wurde ihm jedoch nicht erteilt: Mal handelte es um Zeitarbeitsfirmen – Zeitarbeit ist Flüchtlingen nicht erlaubt – oder es gab bevorrechtigte Bewerber mit deutschem beziehungsweise EU-Pass. Arbens Ärger ist verständlich: Einerseits soll er sich integrieren, andererseits wird aber genau das durch die geltende Rechtslage erschwert.