Weine 2008: megaout und megain

In den frühen neunziger Jahren, als Gerhard Schröder noch niedersächsischer Ministerpräsident war, soll er sich im Clubzimmer eines Italieners in der hannoverschen Friesenstraße mit Gleichgesinnten literweise „Pinotgritscho“ hinter die Binde gekippt haben. Nach dem seinerzeitigen steilen Aufstieg dieses „fürchterlich faden Weißweins“ sei der inzwischen megaout, weiß Henrik Thoma auf Welt-Online zu berichten. Was als guter Wein gilt, darauf haben Moden und Zeitgeistströmungen eben einen besonderen Einfluss und machen auch vor künftigen Bundeskanzlern nicht halt.
Für 2008 rät Thoma, sich unbedingt einmal näher mit den Spitzenrotweinen aus dem portugiesischen Dourotal und dem Alentejo zu beschäftigen. Denn wer diese Tröpfchen noch nicht kenne sei dabei, gerade einen wichtigen neuen Trend zu verpassen. Nun, was im Trend ist, muss nicht unbedingt gut sein, wie wir vom „Pinotgritscho“ wissen. Hier jedoch geht es um Weine, die 2008 endgültig in die Liga der weltweit Besten aufgenommen werden, wie Thoma versichert. Und wer in Berliner Restaurants zu Zehn-Gänge-Menüs mit je drei Weinen pro Gang geladen wird, der sollte es wissen. Ansonsten prognostiziert Thoma dem deutschen Wein einen glorreichen Aufstieg. Das der deutsche Wein – nicht zuletzt auch der rote – in den letzten Jahren besser geworden ist, dürfte dem einen oder anderen in der Tat schon aufgefallen sein. In der Gastronomie werden fruchtbetonte, duftige Rebsorten weiterhin reißenden Absatz finden, meint Thoma: „Allen voran der knackige Sauvignon Blanc, aber auch Muskateller, Riesling und Viognier sind auf dem Vormarsch.“ Wenn die Weine 2008 gut und auch noch erschwinglich sein werden, soll es recht sein. Aber mal ehrlich: Hat nicht bisher noch jedes Jahrzehnt an seinem eigenen „Pinotgritscho“ zu leiden gehabt? Denken wir nur an die Chiantiorgien der 70er und 80er Jahre oder an die Dornfelder-Hype der 90er. Aber daran sind wir gereift, wie ein guter Wein im Barrique.

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