Der Große Garten in Herrenhausen – einst Bühne höfischer Machtinszenierung, heute ein Flanierort für Touristen, Spaziergänger und Sonntagsromantiker. Seine Geschichte atmet Barock: ein Zeitalter, in dem Symmetrie nicht nur Schönheit bedeutete, sondern Herrschaft. Was hier wuchs und blühte es nicht nach Laune der Natur, sondern nach dem Willen derer, die über Natur und Menschen gleichermaßen geboten.
In der Mitte der Anlage erhebt sich der große Springbrunnen – ein steinerner Mittelpunkt, ein Auge im Gesicht der Anlage. Vor dunklem, dramatisch aufgewölbtem Himmel schießt die Fontäne hoch, wie ein ewiger Triumphruf aus Wasser. Das Rauschen des Strahls scheint den Takt zu geben für die strenge Geometrie ringsum, als müsse sich jedes Beet, jeder Kiesweg, jeder Buchsbaum diesem stummen Befehl fügen.
Die exakten Linien, die präzise geschnittenen Hecken, das perfekte Spiel von Achsen und Blickwinkeln: Sie sind schön, und gleichzeitig Mahnmale der Naturbezwingung. Was einst Königinnen, Fürsten und einer kleinen Schar von Schöngeistern vorbehalten war, ist heute eine Sehenswürdigkeit, der die Menschen mit Handykameras statt mit Hofgewändern begegnen. Doch der Geist der alten Ordnung, der Geist der Symmetrie und Kontrolle, scheint noch in jedem Kieskorn zu liegen.
Es der stille Reiz dieses Gartens: dass er uns unmerklich fragt, ob wir ihn nur wegen seiner Schönheit bewundern – oder auch, weil wir, genau wie seine Erbauer, die Ordnung der Natur für etwas Höheres halten als ihr freies Spiel.