Wie Gras sind seine Tage

(ab.kiU)Ein einsamer Grashalm hebt sich aus der Dunkelheit. Nicht vom Wind bewegt, nicht im Gestrüpp verloren. Der Letzte und Einzige, der sichtbar geblieben ist – als hätte sich die Welt um ihn herum zurückgezogen,
Nichts ist da, nur dieser Halm. Kein Vorher, kein Danach – allein Jetzt. Ein stiller Augenblick, dass man ihn fast übersehen, übergehen könnte. Doch in seiner Schlichtheit liegt Konzentration: auf das Wesentliche, auf das Dasein selbst. Alles scheint sich in diesem einen, dünnen Faden des Lebens zu verdichten.
Das macht ihn bedeutungsvoll: er ist nicht laut, wirbt nicht um Aufmerksamkeit, steht einfach da – unscheinbar und doch vollkommen. Ein winziger Widerstand gegen das Vergessen, gegen die Beliebigkeit.
Man schaut hin, und plötzlich wird bewusst, wie wichtig ein Moment ist. Ein Augenblick der reinen Gegenwart. Der Grashalm steht schweigend da. In diesem Schweigen liegt Klarheit, die keine Worte braucht.
Doch es ist eine Klarheit, die an Vergänglichkeit gemahnt. Wie der Psalm 102 (103) sagt:
Der Mensch – wie Gras sind eine Tage,
wie die Blume des Feldes, so blüht er.
Fährt der Wind darüber, ist sie dahin,
selbst der Ort wo sie stand, hat sie vergessen.
Doch die Liebe des Herrn währt immer und ewig/
über denen die ihn fürchten.

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