Boom und Bäng: Deutschland macht arm

Ausschau nach dem Jobwunder

Deutschlands wirtschaftliche und politische Eliten sind in Sektlaune. Die 2008 mit dem Bankencrash über die Welt hereinbrechende Krise scheint überwunden zu sein: Das Bruttosozialprodukt verzeichnet wieder Zuwächse und die Arbeitslosigkeit geht trotz aller Katastrophenszenarios der letzen Jahre deutlich zurück, angeblich jedenfalls. Im Mai 2012 ist die Zahl der Erwerbslosen laut Agentur-Statistik erstmals seit den neunziger Jahren unter die drei Millionen Grenze gesunken. Deutschland profitiere nun von Agenda 2010, meinen insbesondere die Vertreter der unternehmensnahen Wirtschaftsinstitute, die seinerzeit entscheidend an Schröders sogenannten Arbeitsmarktreformen mitgewirkt haben. Weniger feierlich ist allerdings den Geringverdienern und Langzeitarbeitslosen zumute, die immer noch vergeblich nach dem vermeintlichen Jobwunder Ausschau halten.

Rot-grüne Reformen: Pool-Position für das deutsche Kapital

Erinnern wir uns: Nach dem Rücktritt Oskar Lafontaines von SPD-Parteivorsitz und Ministeramt ging die Schröder-Regierung seinerzeit daran, sukzessive die Forderungen der Großunternehmen und ihrer Lobby in die Tat umzusetzen. Dazu gehörte im Wesentlichen: die Deregulierung des Arbeitsmarktes und der Aufbau eines Niedriglohnsektors, der Abbau von Sozialleistungen insbesondere für ärmere und arbeitslose Bevölkerungsgruppen und die steuerliche Entlastung der Besserverdienenden und Großkonzerne. Nachdem das erledigt war, ließ sich Kanzler Schröder 2005 abwählen und trat fast übergangslos einen lukrativen Posten beim russischen Energiekonzern Gazprom an.
Aus der Sicht der Großunternehmen war das rot-grüne Regierungsbündnis außerordentlich erfolgreich. Neue Arbeitsplätze, die ein angemessenes Einkommen garantieren, hat die schrödersche Reformagenda zwar kaum geschaffen, dafür aber wesentlich bessere Ausgangsbedingungen für die Konzerne: Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, Ausweitung der schlecht bezahlten Leiharbeit, Senkung der Spitzensteuersätze und der Unternehmenssteuern sowie die Schaffung eines Niedriglohnsektors. Und nicht zu vergessen, zahlreiche Instrumente zum Aufhübschen der Statistik. Und die haben gewirkt: Daher stehen trotz aller anderslautenden Meldungen immer noch etwa fünf Millionen Menschen ohne ein zum Leben ausreichendes Erwerbseinkommen da, ungefähr so viele, wie vor der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe.

Massenarbeitslosigkeit jenseits der Arbeitsmarktstatistik

Im Einzelnen sieht das so aus: Im April 2012 sind etwa 3,1 Millionen Menschen arbeitsuchend gemeldet. Rund 300.000 Menschen gelten als im erweiterten Sinne arbeitslos. Dazu zählen jene, die sich in so genannten Aktivierungs-Maßnahmen befinden, oder unter die so genannte 58er-Regelung fallen. Mit Letzterem sind Arbeitslose gemeint, die altersbedingt als nicht mehr vermittelungsfähig gelten.
Hinzu kommen cirka 700.000 Personen, die von der Agentur als „nahe am Arbeitslosenstatus“ bezeichnet werden: Das sind etwa Teilnehmer in Qualifizierungsmaßnahmen sowie Beschäftigte im zweiten Arbeitsmarkt und Menschen im Vorruhestand. Diese beiden Gruppen rangieren bei der Agentur für Arbeit in der Kategorie „unterbeschäftigt“. Hier landen wir schon bei einer Zahl von insgesamt vier Millionen Arbeitslosen. Die arbeitenden Armen, Menschen also, die trotz einer Erwerbstätigkeit berechtigt sind, Sozialleistungen nach Hartz IV zu beziehen, sind an dieser Stelle jedoch noch nicht mitgerechnet. Für 2012 gibt es dazu noch keine verlässliche Daten. Im Jahrdurchschnitt 2011 wurden hier knapp eineinhalb Millionen Betroffene gezählt. Wir landen also insgesamt bei einer Zahl von fünfeinhalb Millionen Menschen, die entweder keine Arbeit haben, oder von ihrer Arbeit nicht leben können. Würden wir dabei noch all jne hinzuaddieren, die trotz prekärer Lebensverhältnissen aus dem Arbeitslosengeld II herausfallen, kämen wir wahrscheinlich noch einmal auf eine vergleichbar hohe Zahl: Dazu gehören etwaPersonen, deren Lebenspartner rechnerisch ausreichend verdienen und die daher keine Leistungen beziehen. Oder auch die Freiberufler, die sich knapp an der Verarmungsgrenze so durchwurschteln, weil sie keine Lust haben, vor der Arbeitsagentur einen sozialen Striptease vorzuführen und daher gar keine Sozialleistungen beantragen.

Armut in Deutschland – teuer bezahlt!

Ohne die Tricks der neuen deutschen Welle in der Arbeitslosenstatistik bleibt vom deutschen Jobwunder also nicht mehr sehr viel übrig. Hatz IV hat viele Menschen ärmer gemacht. Dabei lässt der deutsche Staat für die Verarmung eines guten Drittels seiner Bevölkerung durchaus einiges springen. Denn die Hartz-Gesetze haben keineswegs zur Kostensenkung geführt, eher das Gegenteil ist der Fall: Im Jahr 2010 wurden 19,5 Milliarden Euro für Arbeitslosengeld II aufgebracht. Die sogenannten Eingliederungsmaßnahmen kosteten die Arbeitsagentur noch einmal 5,6 Milliarden Euro. Darunter summierten sich nicht zuletzt auch die vielfältigen „Qualifizierungsmaßnahmen“, in denen Arbeitssuchende zwar kaum qualifiziert, dafür aber erfolgreich aus der Arbeitslosenstatistik heraus geparkt werden. Davon profitieren in den meisten Fällen einzig und allein die privaten Fortbildungsfirmen, die in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Arbeit schaffen sie hauptsächlich für die Sozialpädagogen, die sich hier oft weit unter Tarif zu den miesesten Konzessionen verdingen müssen. Für die Verwaltung dieses Elends sind 2010 noch einmal 3,8 Milliarden Euro draufgegangen. Wir landen insgesamt bei 28,9 Milliarden Euro, die 2010 für die durch Hartz IV bedingte Deregulierung des Arbeitsmarktes und der Sozialsysteme ausgegeben werden mussten. Hingegen kosteten Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Erwerbslose zusammen den Steuerzahler im Vergleichsjahr 2001 nur 25,1 Milliarden Euro. Hartz IV läuft unter dem Strich auf eine vom Staat subventionierte Senkung der Unternehmenskosten hinaus: mittels Flexibilisierung durch Leiharbeit und Lohnsenkung durch Billigjobs, insbesondere in den inzwischen meist outgesourcten Dienstleistungsbereichen. Kurz, durch Verbilligung der Lohnstückkosten. Kein Wunder, dass das Kapital und seine Expertenriege jubeln. Keine Frage, dass diese Entwicklung auch „Beschäftigungseffekte“ hervorgebracht und einen noch größeren Anstieg der Massenarbeitslosigkeit möglicherweise verhindert hat. Übrigens: Dieses Modell – Zuckerbrot für das Kapital, Peitsche für die Arbeitslosen – wollte Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy jüngst auch seinen Landsleuten schmackhaft machen. Die haben ihn dafür bekanntlich abgewählt.
Hierzulande dagegen steht zu befürchten, das die rot-grünen Reformstrategen bald wieder das Zepter übernehmen. Im kommenden Jahr ist Bundestagswahl. Einstweilen steht Angela Merkel noch am Ruder des Schlachtschiffs Deutschland, das heuer mit geblähten Segeln dem Sturm der europäischen Finanz- und Wirtschaftskrise standhält. Dieses Bild jedenfalls drängt sich auf, nimmt man die Botschaften der unternehmensnahen Wirtschaftsexperten und ihrer Medienriege ernst. Die Griechen, Spanier und Portugiesen sehen das jedoch etwas anders. Sie sind nicht gut zu sprechen auf Deutschland und seine Eliten, die sich inzwischen als Lehr- und Zuchtmeister des Eurolands aufspielen.

Erst kommen die deutschen Exporte – dann die Gläubiger

Gern möchte mancher ihren Unmut und ihre Wut mit mangelnder Lern- und Anpassungsfähigkeit abtun. Zweifellos haben Korruption, Nepotismus und Steuerflucht, etwa in Griechenland, das ihre zu der Staatsfinanzkrise beitragen. Und zweifellos hat das deutsche Kapital mit seiner Strategie der Flexibilisierung und Deregulierung (auf Kosten der Arbeitslosen und ärmeren Bevölkerungsgruppen) schneller auf verschlechterte allgemeine Verwertungsbedingungen reagiert als andere. Darüber hinaus sollte jedoch nicht vergessen werden, dass unabhängige und gewerkschaftsorientierte Wirtschaftswissenschaftler schon vor Jahren vor der Exportorientierung der Wirtschaft und vor der restriktiven Lohnpolitik in Deutschland gewarnt haben. Eine Studie der Friedrich Ebert Stiftung kommt zu dem Ergebnis: Deutschland hat einseitig vom Handel mit dem Ausland profitiert aber selbst wenig zum Wachstum im Ausland beigetragen. Durch die Exportorientierung hat Deutschland auf Kosten seiner Handelspartner profitiert. Die Exporte haben zu Beschäftigungs- und Wachstumsimpulsen beigetragen, während sich die Handelsbilanzdefizite und schließlich die Schuldenlast in anderen Ländern, beispielsweise in Griechenland, vergrößerten. Die Diagnose: < a href=“http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&ved=0CFQQFjAA&url=http%3A%2F%2Flibrary.fes.de%2Fpdf-files%2Fwiso%2F07718.pdf&ei=nwS9T8uFIsjasgaSvPXaDQ&usg=AFQjCNGrL9LULq3GX9lMyKrNARXkbCX5mg&sig2=elgMhMBgyPrFoH_NO4m9aw“> Das deutsche Wachstum ging zu Lasten des Auslands

Leistungsbilanzüberschuss auf Kosten ärmerer EU-Länder

So wie im Inland die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinandergeht, vergrößert sich auch im Euroraum der wirtschaftliche Abstand zwischen den wirtschaftlich einigermaßen stabilen und den krisengeschüttelten Ländern. „Eigentlich strebt die Euro-Gemeinschaft an, die wirtschaftlichen Eckdaten ihrer Mitgliedsländer in Einklang zu bringen. Davon ist man derzeit aber weiter entfernt als jemals. Den jüngsten Daten zufolge ist der deutsche Leistungsbilanzüberschuss im März abermals von 11,7 Milliarden Euro auf 19,8 Milliarden Euro geklettert“. Und so hat sich insbesondere die Kluft zwischen der leistungsstarken und hoch spezialisierten deutschen Wirtschaft, und den ohnehin wirtschaftlich, technologisch und industriell hinterher hinkenden Staaten, wie etwa Griechenland oder Portugal, noch vergrößert. Diese Länder sind nach wie vor eher durch kleine- und mittlere Betriebe, sowie in bestimmten Regionen durch eine weithin agrarische Wirtschafts- und Lebensweise geprägt: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin konstatiert in Bezug auf Griechenland: „Die Industrie ist (…) nur sehr klein und deren Absatz im Wesentlichen auf den Binnenmarkt ausgerichtet. Es dominiert die Produktion überregional nicht handelbarer Güter, und die Betriebsstruktur des verarbeitenden Gewerbes ist stark von Klein- und Kleinstbetrieben geprägt. Große Unternehmen sind kaum zu finden. Damit hängt zusammen, dass es auch wenig an höherwertigen Unternehmensnahen (sic) Dienstleistungen gibt. Die kleinteilige Unternehmensstruktur zieht sich fast durch die gesamte griechische Wirtschaft, denn schon auf zwei Arbeitnehmer kommt ein Selbständiger – einschließlich des öffentlichen Sektors.“

Der Jugoslawien-Effekt

Solange Länder wie Griechenland ihre Wirtschaft durch Währungsabwertungen auf den internationalen Märkten einigermaßen konkurrenzfähig halten konnten, ließen sich die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen tendenziell ausgleichen. Innerhalb eines gemeinsamen Währungsraumes ist diese Struktur jedoch äußerst krisenanfällig. Im Fall der Eurozone: Die Waren und Dienstleistungen der weniger produktiven und wirtschaftlichen Regionen verteuern sich und büßen ihre Konkurrenzfähigkeit ein. Dabei passiert das, was wir hier einmal als den Jugoslawieneffekt bezeichnen wollen: Die Diskrepanz zwischen starken und schwachen Wirtschaftszonen nimmt zu und führt irgendwann nicht nur zur wirtschaftlichen sondern auch zur politischen Krise. In Jugoslawien kam es zur Zerreißprobe, nachdem der politisch-weltanschauliche Kitt des Tito-Sozialismus zerbröselt war. Die wirtschaftsstarken Länder Kroatien und Slowenien wollten erstens nicht länger in den Inflations- und Krisensog des bankrotten Jugoslawiens hinein gezogen werden und verweigerten darüber hinaus, zweitens, den armen Landesteilen die Alimentierung. Unter lautem nationalistischen Getöse erklärten sie ihre Unabhängigkeit. Das Ende vom Lied ist bekannt.

Der Euro – Desintegrationsfaktor in der EU

Auch im Euroland versucht man vor dem Hintergrund einer politischen Idee an der gemeinsamen Währung festzuhalten, möchte aber gleichzeitig nicht die ökonomischen Folgen tragen: die langfristige Alimentierung der schwachen Euroländer. Stattdessen drängt man die Betroffenen zu immer neuen Spar-Exzessen und stürzt damit große Teile der Bevölkerung ins soziale Elend. Dabei können oder wollen die Euro-Verteidiger nicht zur Kenntnis nehmen, das der Euro unter den derzeitigen ungleichen Bedingungen in seinen Mitgliedsländern nicht zur Integration, sondern ganz im Gegenteil, zur Desintegration der Europäischen Union führt.
Aber das weiter oben zitierte DIW wäre nicht eines der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute, hätte es nicht für die drängende Euro-Krise bereits eine Lösung: „Griechenlands einzige Chance, wieder auf die Beine zu kommen, ist eine Wachstumsstrategie. Insbesondere brauche das Land eine Stärkung seiner industriellen Basis. Zu diesem Fazit kommt eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Eine Politik, die vor allem auf einen Abbau der Staatsschulden ausgerichtet ist, verkennt dagegen die eigentlichen Probleme und wird deshalb die gesteckten Ziele auch kaum erreichen können’, sagt Karl Brenke, wissenschaftlicher Mitarbeiter am DIW Berlin. Um die Wirtschaft Griechenlands zu stärken, empfiehlt Alexander Kritikos, Forschungsdirektor am DIW Berlin, einen ‚Marshallplan’ aus EU-Mitteln, mit dem vor allem der Aufbau zukunftsträchtiger Industrien gefördert wird.“
Das ist im Prinzip gar keine schlechte Idee. Sie setzt allerdings die Bereitschaft der reicheren EU-Staaten voraus, Ländern wie Griechenland – möglicherweise über die nächsten Jahrzehnte hinweg – reichlich Euros zufließen zu lassen. Was derartige Marschallpläne kosten, will man der Bevölkerung nicht Lebensbedingungen wie in der dritten Welt zumuten, lässt sich mit einem Blick auf die Mittel für den Aufbau Ost erahnen: „Für die Kosten der Deutschen Einheit gibt es nur ungenaue Schätzungen. Für die Gesamtkosten (bis 2009) einschließlich der Sozialtransfers liegen die Schätzungen zwischen 1,3 und 1,6 Billionen Euro, jährlich um etwa 100 Milliarden Euro steigend. Ein großer Teil davon sind Sozialleistungen, die über Transfers in der Renten- und Arbeitslosenversicherung finanziert werden. Die reinen Aufbauhilfen aus spezifischen Programmen zur Verbesserung der Infrastruktur und zur Förderung von Unternehmen im Bereich der neuen Länder, der Aufbau Ost, summieren sich auf etwa 250 (bis 2004) bis 300 Milliarden Euro (Wikipedia).“ Das sind mithin Hausnummern, mit denen kalkuliert werden sollte. Und neben Griechenland währen wahrscheinlich weitere Länder wie Spanien und Portugal Kandidaten für entsprechende Programme. Dazu scheinen aber weder die Bevölkerung noch die Regierungen in den Eurostaaten wie Deutschland bereit zu sein.

Scherflein ins Trockene gebracht

Schon jetzt haben die Eliten Mühe, das weitere Wuchern des politischen und sozialen Spaltpilzes in den Griff zu kriegen. An deutschen Stammtischen flucht man über die faulen Griechen, die, anstatt zu arbeiten, es sich von unserem mühsam verdienten Geld in der sozialen Hängematte bequem machen. Und bei den Griechen aber auch anderswo wächst die Wut über die in den europäischen Institutionen tonangebenden Deutschen und ihre Kanzlerin, von denen man sich, zurecht, durch rigide Sparauflagen uns soziale Elend gedrängt sieht. Die gemeinsame Währung fördert derzeit nicht die europäische Einigung, eher schon treibt sie die Länder Europas wieder auseinander: jedenfalls solange, wie sich ihre Ökonomien als Konkurrenten auf dem Weltmarkt gegenüberstehen und Staatsanleihen als Spekulationsobjekte im Monopoly der Banken und Fonds gehandelt werden. By the Way: Inzwischen, so lassen die üblichen Verdächtigen unter den Wirtschaftsexperten vernehmen, könne die Europäische Union einen Austritt Griechenlands aus dem Euro verkraften, vor zwei Jahren wäre das noch nicht der Fall gewesen. Auf deutsch anstatt auf börsenkauderwelsch heißt das: Vor zwei Jahren haben Banken und Fonds noch zahlreiche griechische Staatsanleihen gehalten und hätten im Fall einer Pleite beziehungsweise eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone erheblich Verluste einstecken müssen. Inzwischen haben sie sich– rette sich wer kann –¬ ihrer Griechenland-Titel mithilfe von ESM und ESFS weitgehend entledigt, das heißt, an die europäische Zentralbank verscherbelt oder – wahrscheinlich noch gewinnbringend – abgeschrieben. Unter einem Euro-Austritt Griechenlands würde im Wesentlichen nur noch die griechische Bevölkerung selbst leiden, diejenigen also, die bisher eh schon die Gelackmeierten waren. Auch deren obersten Zehntausend haben sich mit ihren Eurovermögen schon längst ins Ausland abgesetzt. Und so kommt man – dazu braucht es allerdings schon einen Wirtschaftsexperten ¬– jetzt, da die Profiteuere aller Chargen und Klassen ihre Scherflein längst ins Trockene gebracht haben, auf die Idee, verstärkte Kapitalverkehrkontrollen einzuführen.

Die alte Suppe

So weit, so schlecht. Das deutsche Kapital hat sich auf Kosten der eigenen abhängigen Bevölkerung mit rot-grüner Hilfe fit gemacht für die Konkurrenz auf dem Weltmarkt, und auf Kosten der europäischen „Partner“ den Status als Exportweltmeister ausgebaut. Inzwischen musste die deutsche Wirtschaft diesen Titel zwar an das chinesische Kapital abtreten, dass seine Arbeiterklasse noch hemmungsloser ausbeuten kann, aber das tut in diesem Zusammenhang nicht zur Sache. Das Ende vom Lied: Einstweilen bleibt wieder einmal alles beim Alten: Die Dummen – und das leider zu oft im wahrsten Sinne des Wortes, sind hier wie dort die Krisenverlierer. Statt freie Assoziation freier Produzenten in Europa, kocht wieder die alte Suppe an Ressentiments hoch. Da wollen selbst die betagten DGB-Kämpen am 1. Mai auf dem hannoverschen Klagesmarkt bei „Brüder zur Sonne, zur Freiheit“ nicht mehr so richtig in Stimmung kommen.

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