Rockiger Jazz mit einem Schuss Folklore

Der Saxophonist Bill Evans präsentierte sein neues Band-Projekt in Hildesheim
In bester Form hat sich Bill Evans am Pfingstsamstag 2005 zum Abschluss einer vierwöchigen Deutschlandtournee präsentiert. Mit seiner neuen Formation „Soul Grass“ sorgte er für ein gelungenes Galakonzert während des Jazztime-Hildesheim Festivals. Die Songs des „Soul-Grass“ Projektes werden im September auf dem neuen Album des Künstlers und seiner Band unter dem gleichnamigen Titel in die Musikläden kommen.

Bill Evans
Bill Evans


Eine ganz spezielle Sorte großer Musiker seien die Evans’, hat Miles Davis einmal über seine drei Wegbegleiter Gil und die beiden Bills gesagt, die gemeinsam diesen Nachnamen tragen. Alle drei sind bekannt für coolen Sound und ambitionierte Versuche, dem Jazz neue Wege zu ebnen.
Einer von ihnen, der 1958 in der Nähe von Chicago geborene Saxophonist Bill Evans, experimentierte in den neunziger Jahren als einer der ersten mit HipHop Elementen. Nun hat Evans eine Verbindung zwischen souligem Hardbop und der als „Bluegrass“ bekannten Countrymusic aus den amerikanischen Südstaaten schaffen wollen. Dazu holte er sich den Violinspieler Christian Howes in die Band.
Mit scharf pointierten, pulsierenden Rhythmen sowie eindrucksvollen Solos gelang es der Formation, immer wieder für klangliche Höhepunkte zu sorgen. Bandleader Evans, Gitarrist Adam Rogers und Geiger Howes spielten sich gegenseitig die Themen zu und spornten sich damit zu virtuosen Leistungen an. Die Kommunikation der drei Solisten klappte perfekt. Howes ließ mit seinen quirligen Violinläufen die Atmosphäre verschwitzter Folk-Tanzdielen des US-amerikanischen Südens entstehen.
Evans versprach einen souligen Groove, und darunter versteht man gemeinhin den swingenden Hardbop der 50er und 60er Jahren, geprägt von den Brüdern Nat und „Cannonball“ Adderley.
Die dynamischen Klanglinien von Evans waren klar, betont und cool. Er prägte der Band dabei allerdings einen Rhythmus auf, der eher an den rockigen Miles Davis Sound der siebziger Jahre als an den Groove der Nat und „Cannonball“ Adderley Bands erinnerte. Mit dem Bassisten Victor Baileys und dem Schlagzeuger Joel Rosenblatt hatte Evans zwei hervorragende Musiker in der Band, die auf der Grundlage eines exakten Timings eigene rhythmische und solistische Akzente setzten. Dennoch erreichte die Gruppe nicht jenen swingenden Groove, der den souligen Hardbop in den fünfziger und sechziger Jahren auszeichnete. Statt Hardbop-Folk-Crossover wurde mit Südstaatenfolk garnierter, scharfkantiger Jazz serviert. Der Sound blieb hinter dem Soul-Versprechen zurück. Jedoch ließen die perfekten Arrangements und solistischen Leistungen keine Langeweile aufkommen.

Insgesamt ein gelungenes Konzert
Das Jazztime-Hildesheim Festival mit seinen Openair und Galakonzerten am Pfingstwochenende jährte sich zum 27igsten Mal. Glücklicherweise verzichteten die Veranstalter auf die seit etlichen Jahren praktizierte Unsitte, Traditional- und Modern-Jazz an einem Konzertabend zwangsweise wiederzuvereinigen. Auch sonstige Pleiten und Pannen vergangener Jahre, wie der erst im Konzertsaal bekannt gegebene Ausfall der musikalischen Hauptattraktion, verärgerte Musiker wegen versagender Tontechnik oder ein endlos verzögerter Konzertbeginn, blieben diesmal aus.
Das reformierte Konzept zeigte Wirkung: Der Theatersaal war fast ausverkauft. Die gute Organisation und das genussvolle Musikereignis sorgten für beste Laune. Den Künstlern wurde mit stehenden Ovationen gedankt. Nach einem zweistündigen Konzert mit einer dynamischen Zugabe verließen die Musiker die Bühne. Das im September erscheinende Album darf mit Spannung erwartet werden.

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